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Fahren auf Sicht: Digitalisierung im Mittelstand

Transformation

„Es ist gut, dass Sie sich melden, Herr Heiler …“

In meinem letzten Blog habe ich Ihnen erzählt, wieso wir letztes Frühjahr die geplante Anschaffung einer neuen ERP-Software gestoppt haben. Für uns war das ein ziemlicher Schlag. Wir beschlossen aber, nicht stillzustehen und abzuwarten und machten uns an etwas anderes: Wir optimierten und verschlankten erst einmal unsere Prozesse. Im Nachhinein ein Glücksgriff:

„Es ist gut, dass Sie sich melden, Herr Heiler … “, hörte ich, als ich mich im Herbst wieder beim ERP-Lieferanten meldete. „Wir haben gerade ein neues Implementierungsvorgehen entwickelt.“

Digitalisierung im Mittelstand: durch den Nebel

Inzwischen haben wir unsere neue ERP-Software erfolgreich eingeführt. Und günstiger als zu Beginn veranschlagt: Weil wir zuerst unsere Prozesse verschlankt hatten.

Wir entwickeln uns hier immer weiter. Das Gleiche gilt auch für die Pläne, die wir schmieden. Wir wissen, die Kundenbedürfnisse werden sich weiter ändern. Der Markt ändert sich, die Logistik. Deswegen macht es keinen Sinn, nach dem einen großen festen Plan vorzugehen. In ein paar Monaten sieht die Welt schon wieder anders aus.

Und das ist der Vorteil des Mittelstands: Wir sind dynamisch, flexibel, wir können schnell reagieren, die Richtung ändern. Wenn wir uns nicht starr ausmalen, was wann und in welcher Reihenfolge durchgedrückt werden muss. Wenn wir auf Sicht fahren.

Digitalisierung mit Klarsicht

Hätten wir im März 2020, durch den dicken Nebel von Lockdown 1 hindurch, ERP eingeführt, hätten wir zum Beispiel nicht gewusst, wofür wir im System nun dringend eine Schnittstelle einplanen müssen …

Wir hatten Anfang 2020 einen CAD-Konfigurator soweit fertiggestellt, dass dieser den Großteil unserer individuellen Glasduschen abbilden konnte. Das Regelwerk dafür wurde von unserer Konstruktion in mühevoller Detailarbeit als generelles Regelwerk für all unsere Beschlagsvarianten aufgebaut. Das Resultat war allerdings nicht berauschend. Nur wenige Konstrukteure haben die neue Software eingesetzt, für weitere Nutzergruppen wie unsere Aufmaßtechniker oder sogar Kunden war die Benutzeroberfläche viel zu kompliziert und unübersichtlich. Man sprach intern schon offen über eine Fehlinvestition.

Um das Projekt noch zu retten, haben wir unsere Aufmaßtechniker zusammengetrommelt und nach deren konkreten Anforderungen gefragt. Bei dieser konzentrierten „Wünsch-Dir-was“-Runde entwickelte sich ein ganz neues Bild und es war klar, es muss ein gänzlich neues Frontend her.

Wir konnten mit diesen neuen Anforderungen unseren CAD-Konfigurator so gut weiterentwickeln, dass dieser mittlerweile von allen Konstrukteuren als Hauptwerkzeug eingesetzt wird. Es fehlen noch die letzten Feinschliffe und dann wird dieser Konfigurator auch draußen in der Kundenberatung und beim Aufmaß vor Ort eingesetzt werden.

Digitalisierung als Chance

Für uns und unsere Kunden wird dieser Konfigurator ein unglaublicher Prozessbeschleuniger. Beim Kunden wird für eine rahmenlose Glasdusche alles vermessen – von der schrägen Wand rechts bis zum Sockel und der Dachschräge links –, und diese Daten werden in unserem System genutzt für die 3D-Kundenberatung, für die Glasbestellung über die individuelle Stückliste bis hin zur Kalkulation.

Im März 2020 war diese Performance so nicht erkennbar. Unsere Prozesse waren überhaupt nicht auf die Nutzung eines CAD-Konfigurators ausgerichtet, und wir hätten uns dadurch wahrscheinlich einiges an möglichen Prozessverbesserungen verbaut und neue Chancen nicht nutzen können und vielleicht nicht einmal erkannt.

Da wir aber erst im Spätsommer die Entscheidung zur ERP-Einführung getroffen hatten und zu diesem Zeitpunkt schon an den Einsatz unseres Konfigurators dachten, können wir nun den letzten Schritt planen: Die volle Integration unseres CAD-Konfigurators in unser ERP-System.

Weiter geht’s!

Unsere Arbeit ist nicht vorüber. Wir fahren weiterhin auf Sicht, sind weiter gespannt auf technologische Fortschritte, darauf, wie wir uns weiterentwickeln werden. Wir fahren und entwickeln uns auf Sicht weiter. Das ist zielführend. Und: Das können wir deshalb so machen, weil wir uns über den Kern des Unternehmens, über unsere Arbeit und unsere Prozesse im Klaren sind. Schön, mal wieder zu merken, wie wichtig die Arbeit am Unternehmen ist. Nur so kann man sich nachhaltig weiterentwickeln und zukunftsfähig bleiben.

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